Ich fand im Spiegel, Heft 49, vom 28.11.2015, Seite 32, diesen lesenswerten Kommentar, geschrieben von Jan Fleischhauer.
Man sollte mal darüber nachdenken.
JanFleischhauerWirsind schuld
Wenn Menschen zu Terroristen werden, ist die erste Frage, die sich vieleLeute stellen, was die Gesellschaft falsch gemacht hat. Ich würde mich zunächst
immer fragen, was im Leben der Terroristen schiefgelaufen ist,
bevorich die Schuld bei anderen suche, aber mit derMeinung bin ich, wie es aussieht, in der Minderheit. Das ZDFerklärte seinen Zuschauern nach den Anschlägen von Paris, dass der Terror eine
Reaktion auf den französischen Kolonialismus sei. Die schwedische Außenministerin
sagte in einem Interview, dass es den Attentätern wie den Palästinensern gehe,
die auf ihre „hoffnungslose Situation" auch nur mit Gewalt antworten
könnten. Unter den Sozialexperten, die in dem Zusammenhang nicht als Erstes an
den Kolonialismus oder Israel denken müssen, ist man sich einig, dass
Perspektivlosigkeit und fehlende Anerkennung schuld sind, wenn sich Jugendliche
mit arabischem Hintergrund dem Terrorismus zuwenden.Ich halte das für ausgemachten Bullshit. Es tutmir leid, ich muss das so deutlich sagen. Es gibt viele Minderheiten, die sich
von der Gesellschaft ausgeschlossen fühlen. Die Schwarzen in Amerika sind seit
Generationen ausgegrenzt und diskriminiert. Jeder, der meint, das Leben in der
Banlieue führe schnurstracks in den Fanatismus, sollte sich einmal in Detroit
oder Baltimore umsehen, wo ein Schwarzer nur eine Chance hat, wenn er
mindestens 1,98 Meter groß ist und Basketball spielen kann wie ein Gott. Die
Juden werden sogar schon seit Jahrtausenden verfolgt, ohne dass sie Zuflucht im
Terror gesucht hätten. Auch das Leben eines deutschen Hartz-IV-Empfängers(in der dritten Generation) ist ziemlich perspektivlos. Trotzdem zieht er nicht
los, um mit Verweis auf Gott wahllos Leute zu erschießen.Die Leute, die der Gesellschaft die Schuldgeben, meinen es sicher gut. Aber sie sollten mal darüber nachdenken, welche
Konsequenzen sich aus dem ergeben, was sie sagen. Wenn es stimmt, dass
Perspektivlosigkeit junge Männer aus arabischen Ländern in Terroristen verwandelt,
darf man eigentlich niemanden mehr ins Land lassen, der von dort kommt. Unter
einer Million Flüchtlinge wird es mit Sicherheit ein paar Hundert geben, die
sich in der neuen Umgebung nicht zurechtfinden und dann die Identitätsprobleme
bekommen, von denen die Soziologen jetzt reden. So viele Streetworker kann man
gar nicht einstellen, dass es niemanden mehr gibt, der sich ausgegrenzt fühlt.Wenn man sich anschaut, was für ein Leben dieAttentäter hatten, bevor sie sich in die Luft sprengten, fällt auf, dass für
die meisten nicht fehlende Anerkennung das Problem war, sondern zu viel
Freiheit. Viele hatten einen Job, Freunde, eine ordentliche Familie, aber erst
der Islam mit seinen vielen Verboten gab ihnen den Halt, den sie vermissten.
Dass die Freiheit der westlichen Welt manche Menschen krank im Kopf macht, ist
zugegebenermaßen ein verstörender Gedanke. Was sollen wir tun, wenn keine
Sozialmaßnahmen, Jobinitiativen oder Stadtteilprogramme mehr helfen?
Irgendwie hat er wohl Recht, dieser Jan Fleischhauer. Warum haben unsere Politiker Angst, es auch so zu benennen?