Die Spannung war greifbar, und Mia konnte fast die Erwartung in der Luft spüren, als ihre Mutter begann, ihre Geschichte mit einem Ton zu erzählen, der einer Krimi-Auflösung nahekam. „Deine Lehrer meinen, du könntest die Schulbücher schon im Schlaf vorlesen“, begann ihre Mutter, ihre Stimme leise und geheimnisvoll. „Sie schlagen vor, dass du auf eine Schule für Hochbegabte wechseln sollst.“ Mia starrte ihre Eltern an, als hätten sie gerade ein Gespenst beschworen. Ihr Gehirn arbeitete auf Hochtouren, und sie versuchte, die Information zu verarbeiten. „Wo soll diese Schule für Hochbegabte sein?“, fragte sie schließlich, als ihr Verstand langsam von der anfänglichen Schockstarre zurückkehrte. „Etwa 700 Kilometer von hier“, antwortete ihr Vater ruhig, doch der Gedanke an eine solche Distanz ließ Mia vor Schreck zusammenzucken. „700 Kilometer? Von euch und meinen Freunden getrennt sein?“ Ihre Stimme war ein Gemisch aus Entsetzen und Unglauben. Die Vorstellung, von ihrem gewohnten Umfeld und den vertrauten Gesichtern getrennt zu werden, erschien ihr beinahe unerträglich. „Aber du hast Glück“, erklärte ihre Mutter mit einem kleinen Lächeln, das Mias Angst ein wenig mildern sollte. „Die Schule befindet sich in der Stadt, in der dein Onkel Karl wohnt.“ Mias Augen weiteten sich. „Onkel Karl? Unser Wissenschaftler in der Familie, den wir nur alle drei Jahre mal sehen?“ „Ja, genau der“, bestätigte ihre Mutter. „Er arbeitet viel und hat kaum Zeit für Besuche. Woran er arbeitet, wissen wir nicht so genau. Er hat eine geheime Verschwiegenheitsklausel, die ihn zum Schweigen verdonnert!“ „Und was bedeutet das für mich?“, fragte sie, ihre Stimme zitterte leicht vor Anspannung. „Überlege dir das gut“, sagte ihr Vater mit einem ernsten, aber freundlichen Ton. „In drei Tagen brauchen wir deine Entscheidung. Und ja, du kannst die Ferien noch genießen, bevor du in die Schule der Super-Gelehrten kommst.“ Mia ließ sich zurückfallen und starrte auf ihre Füße. Der Gedanke, in einer neuen Stadt zu leben, von ihrer Familie und ihren Freunden getrennt zu sein, überwältigte sie. Doch gleichzeitig blitzte in ihrem Inneren eine aufregende Vorstellung auf – eine neue Herausforderung, die die Möglichkeit bot, noch mehr über sich selbst und ihre Fähigkeiten herauszufinden.
Mia lag in ihrem Bett, während das Licht der Nachttischlampe zarte Schatten an die Wände warf. Sie kuschelte sich tief in die Decke, und ihre Gedanken wirbelten wie ein Sturm, so intensiv, dass es sich anfühlte, als ob ihr Verstand einen Marathon lief. Das bevorstehende Internat erschien ihr wie eine Entscheidung von gewaltiger Tragweite, und die Vorstellung, wochenlang von ihren Eltern getrennt zu sein, brachte sie an den Rand der Verzweiflung. Es war, als hätte sie einen düsteren Vertrag unterschrieben, der sie an den Rand des Unbekannten führte. Sie drehte sich auf den Rücken und starrte an die Decke, deren weiße Oberfläche sich im schwachen Licht wie ein leeres Blatt Papier anfühlte, auf dem sich ihre Ängste und Sorgen verewigten. Der Gedanke, ihre Eltern für so lange Zeit nicht in der Nähe zu haben, belastete sie schwer. Wer würde ihnen bei ihren alltäglichen Problemen helfen? Wer würde herausfinden, warum die Fernbedienung für den Fernseher plötzlich nicht mehr funktionierte? Diese Fragen schwebten wie dunkle Wolken in einem unheilvollen Sturm über ihrem Kopf. Doch die größte Hürde schien die Vorstellung zu sein, Lisa, ihre beste Freundin, nicht täglich um sich zu haben. Lisa war nicht nur eine Vertraute, sondern auch eine Mitstreiterin in all ihren Abenteuern und eine Person, die sie immer wieder zum Lachen brachte. Der Gedanke, Lisa nicht jeden Tag zu sehen, erschien ihr schlimmer als der Gedanke an einen Kühlschrank ohne Schokoladenpudding – und das sollte wirklich etwas heißen. Mia ließ sich tief in die Matratze sinken und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. Die vielen Möglichkeiten, die ihr bevorstanden, schienen sich wie ein Labyrinth vor ihr auszubreiten. Sollte sie diese Chance nutzen, um ihre intellektuellen Fähigkeiten weiterzuentwickeln? Oder war die Gefahr, von allem und jedem, was sie liebte, getrennt zu werden, einfach zu groß? Die Fragen und Bedenken tobten weiter in ihrem Kopf, und jede Antwort schien neue Fragen aufzuwerfen. Ihre Erinnerungen an die gemeinsamen Erlebnisse mit Lisa, die spontanen Pläne und endlosen Gespräche vermischten sich mit der Vorstellung von neuen, aufregenden Herausforderungen in der Ferne. Es war ein Balanceakt zwischen dem Drang nach Abenteuer und dem Bedürfnis nach Vertrautheit. Nach stundenlangen Überlegungen, die sich wie eine ewige Nacht anfühlten, wurden ihre Augenlider schwer. Die letzten Gedanken, die durch ihren Kopf rasten, waren ein wirbelndes Kaleidoskop aus Erinnerungen, Hoffnungen und Ängsten. Schließlich überwältigte die Erschöpfung ihre Gedanken, und sie schlief langsam ein, während die leisen Töne der Nacht ihr sanftes Wiegenlied sangen.
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